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Wie es sich mit dem Schreiben ergab


Wie jedes Jahr verbachte ich auch 2008 einmal wieder Weihnachten bei meinen Eltern. Zu dieser Zeit lebte ich gerade in Österreich und irgend so ein Typ, den ich „Das Brot“ nannte, meldete sich schon tagelang nicht. Ich war deswegen total frustriert, traurig und lustlos und so empfahl mir der Putzmann meiner Eltern, ich solle doch beginnen zu schreiben. So hätte ich Ablenkung und etwas Sinnvolles zu tun. 

Diese Empfehlung nahm ich also an und kaufte mir ein schönes silbernes Notizbuch inklusive eines silbernen Kugelschreibers. Beides kaufte ich mir in Heidelberg, wo ich von 1999 bis 2002 BWL studiert habe. Während dieser Zeit hatte ich dort auch einen Friseur. Alles, was meine Haare betrifft bin ich unfassbar eitel und so fuhr ich noch Jahre nach Ende meines Studiums nach Heidelberg zu Achmed, meinem türkisch stämmigen, nicht schwulen Friseur. Das ging weit bis ins Jahr 2009 hinein, also sieben Jahre nach Beendigung meines Studiums. 

Ich kaufte mir also nach einem Friseurbesuch dieses Notizbuch mit dem Kugelschreiber und begann zu schreiben. Überall wo ich war, schrieb ich. Sogar im Wartezimmer beim Frauenarzt, nachdem ich vom Friseur kam. Auch meinen Frauenarzt behielt ich in der Nähe von Heidelberg. Für einen Termin zum Friseur oder zum Frauenarzt fuhr ich also von Österreich ca. 300 km. Unglaublich ich hatte einfach zu viel Zeit und einen Geschäftswagen. Wenn ich das heute einem Ökomenschen erzählen würde, müsste ich mich wirklich in Acht nehmen, dass ich nicht wegen fehlendem Nachhaltigkeitssinn eine ordentliche Moralpredigt bekomme. Bald kommt man dafür bestimmt auch ins Gefängnis.

Ich hielt das mit dem Schreiben in das Notizbuch nicht lange durch, weil es mir einfach zu anstrengend war und ich auch ziemlich faul bin. Mittlerweile habe ich einen Laptop mit einem lustigen Apfelsymbol auf der Klappe und so sitze ich gerade mit all den anderen Freaks, Nurds und Wichtigtuern bei Starbucks und verstecke mich hinter meinem Laptop. Ich schreibe allerdings für meinen Blog. Ursprünglich sollte das mal ein Buch werden, aber ich gehe ja mit der Zeit. Was die anderen machen, weiß ich nicht. Aber wir sehen alle irgendwie wichtig aus.

Das Schreiben in mein silbernes Notizbuch aus Heidelberg wurde also immer seltener und die Abstände immer größer. Letzten Endes habe ich es dann nur noch mit den absolut kuriosesten Erlebnissen meines Lebens beschrieben. Mittlerweile liegt es unter der Matratze meines IKEA Bettes Model HEMNES in Weiß und ich schlafe jede Nacht darauf. 

Die Zweite Begebenheit, die mich auf das Schreiben gebracht hat, ist noch gar nicht so lange her. Ich war auf Geschäftsreise im tiefsten Bayrischen Wald und saß mit einem Geschäftsleitungsmitglied meines Arbeitgebers im Hotel beim Abendessen. Ich hatte erst ein bisschen Bedenken, dass wir kein Gesprächsthema finden könnten, was sich aber als das Gegenteil herausstellte. Ich war auch sehr dankbar für die Gesellschaft, denn mein Hotelzimmer war sehr minimalistisch. Auch war die Massage, die ich vorher in diesem Wellnesshotel gebucht hatte, sehr unspektakulär. Ich hatte im Nacken durch das Öl einen total fettigen Haaransatz, war aber zu faul zum Haarewaschen. Jedenfalls bezahlte der nette Herr auch noch die Rechnung. Einmal gespart, ist doppelt verdient. 

Nun saßen wir also da und unterhielten uns angeregt. Ich musste wirklich aufpassen, dass ich nicht wieder so viel private Dinge über mich ausplauderte. Das erscheint ja im ersten Moment immer als sehr unterhaltsam für meinen Gegenüber. Im Nachhinein bin ich dann aber wieder sehr uninteressant, so geht es mir jedenfalls oft nach den meisten Dates.
Wir kamen also über dies und das zu dem Thema, was ich für berufliche Zukunftspläne habe. Zum Glück kam die Frage nach den beruflichen Zukunftsplänen, denn privat hätte ich nichts Besonderes zu berichten gehabt. Jedenfalls nichts für seine Ohren, das hätte ihn wahrscheinlich nur unnötig geil gemacht. 

Ich erzählte also, dass ich mir vorstellen könnte, mich als Coach selbstständig zu machen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich das eigentlich eher mehr so dahingesagt. Ich glaube ich bin etwas zu wenig ehrgeizig und faul, um selbstständig zu sein. "Aha, ja!" meinte das Geschäftsleitungsmitglied, "Das könnte ich mir gut vorstellen! Schreiben Sie doch ein Buch. Das machen alle so. Da können Sie gut Werbung für sich machen." 

Wer ist >alle so< dachte ich mir. Und dann kam mir in den Sinn, dass ich vor einiger Zeit bei einem Seminar war und die Trainerin hatte ihr Buch ausgelegt. Genauso ein Telefontrainer, bei dem ich mal ein Training hatte, der hatte auch ein Buch geschrieben und ein anderer Trainer auch, eigentlich doch alle. 

Plötzlich war ich echt begeistert von der Idee. Und mir kam wieder der Putzmann meiner Eltern in den Sinn, der mir ja auch das Schreiben empfohlen hatte. Zwar aus einer anderen Intention heraus, nämlich Langeweile, trotzdem ging es um das Schreiben. Der Putzmann putzte übrigens auch bei mir zu Hause. Leider ist er mittlerweile gestorben. Jetzt putzt eine Russin.

Mein Vater sagt immer, ich hätte zu viel Zeit. Darum würde ich unzufrieden sein, mir zu viele Sorgen machen, in mich hinein hören und sämtliche Krankheiten haben. Deswegen und auch wegen dem Putzmann und dem Geschäftsleitungsmitglied und weil ich grundsätzlich eine Geschichtenerzählerin bin, habe ich also angefangen, meine freie Zeit mit Schreiben zu nutzen. Natürlich immer unter der Prämisse, wenn mir danach ist. Nichts wird erzwungen.

Es soll kein Buch werden, sondern erstmal ein Blog, mit Kurzgeschichten aus meinem und aus dem Leben Anderer. Vorzugsweise natürlich Männergeschichten. Keine Ahnung, wo die Reise hingeht und ob das überhaupt jemand lesen wird. Wobei, wenn ich es mir recht überlege, scheinen meine Geschichten doch interessant zu sein. Manchmal glotzen mich die Leute, denen ich meine Geschichten erzähle, so an, als wäre ich ein Geist. Ich gehe mal davon aus, die sind dann auch ziemlich begeistert. 

Eine gute Freundin von mir, der ich auch viele Geschichten zu verdanken habe, kreiert die passenden Illustrationen dazu. Sie hat so einen trockenen Humor, da muss ich echt oft Tränen lachen und klopfe mir dabei vor Freude auf die Schenkel. Das muss ein Bild sein?! Sie sitzt da und guckt in die Leere und ich lache mich halbtot. Ihre Illustrationen sind nicht nur die Verbildlichung meiner Geschichten, sondern auch ihr Humor optisch dargestellt. Diese Frau ist der Hammer! Wir beide sind wirklich ein nahezu perfekt unterhaltsames Endprodukt, sofern man sich für den Inhalt interessiert!

Ich heiße also Anna, schreibe Kurzgeschichten, bin 36 Jahre alt und Single, seit, na ja, seit immer eigentlich. Das tiefe Bestreben und die unaufhörliche Suche nach einem Partner, die ich bei einigen meiner sehr frustrierten Freundinnen beobachten kann - und die liefern die allerbesten Geschichten - habe ich zum Glück nicht. Mir kommen immer wieder so viele Dinge in den Sinn, ich erlebe so viele Erlebnisse, da kommt eine Freakshow nach der anderen, dann bin ich doch froh, mit mir alleine zu sein. Und wie kämen wohl die tollen Geschichten zustande, wenn ich einen festen Partner hätte und mir die Zeit fehlen würde, meine und die Geschichten anderer aufzuschreiben?!


Kommentare

  1. Am Besten gefällt mir der Satz:
    "... das hätte ihn wahrscheinlich nur unnötig geil gemacht."
    Du gehörst also zu den netten, einfühlsamen Wesen, die uns Männer eine unnötige, da wahrscheinlich unbefriedigte Erregung ersparen wollen.
    Du bist lustig, Du gefällst mir :D

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  2. Wann kommt denn die Geschichte vom Brot?

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